Offener Brief des AStA der Uni Münster

Sehr geehrtes Rektorat, sehr geehrte Dekanate, sehr geehrte Institutsvorstände und sehr geehrte Verwaltungsmitarbeitende des Sprachenzentrums,

mit Sorge beobachtet der AStA die aktuellen Entwicklungen bezüglich der Corona-Pandemie. Es ist damit zu rechnen, dass die Omikron-Variante in den nächsten Monaten auch in NRW zum dominanten Virus-Stamm werden wird. Die Omikron-Variante breitet sich noch einmal deutlich aggressiver aus, als wir das schon von Delta kennen.¹ Dabei sind die Krankenhäuser in ganz Deutschland schon zu Beginn dieses Winters an ihrer Belastungsgrenze. Aufgrund solcher Befürchtungen haben sowohl der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler als auch Gesundheitsminister Jens Spahn, aber auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bevölkerung zur Reduzierung von Kontakten aufgerufen. Viele Gesundheitsexpert*innen unterstützen diese Appelle. Studierende können dem aktuell in vielen Fällen leider nicht nachkommen.

Der AStA bekommt jede Woche E-Mails von Studierenden, die Angst haben, sich in Hörsäle mit Hunderten anderen Studierenden zu setzen. Bei uns gehen Berichte ein, nach denen sich einige Dozierende sogar über Studierende lustig machen, die im Hörsaal Masken tragen. Aus Institutsvorständen haben wir erfahren, dass Studierende, die sich als Mitglieder des Fachschaftsrats z.B. für mehr Vorlesungsaufzeichnungen einsetzten von Dozierenden auf persönlicher Ebene angegangen wurden. Die rigorose Durchsetzung von Anwesenheitspflichten verhindert einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem eigenen Infektionsstatus. Viele Dozierende sind schlecht oder falsch über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Online- und Hybridlehre informiert. Studierenden, die selbst Vorerkrankungen haben oder Kontakte zu Menschen mit Vorerkrankungen haben, wurde von Dozierenden erklärt, sie könnten ja mit den Folien zur Vorlesung lernen, statt in Präsenz teilzunehmen. Viele Studierende fühlen sich im Stich gelassen. So entsteht in Teilen unserer Universität ein Klima, das Lernen unmöglich macht und den sozialen Zusammenhalt an der Universität Münster, aber auch darüber hinaus nachhaltig beschädigt.

Wir fordern deshalb alle Fachbereiche dazu auf, den Studierenden ein angemessenes und zeitgemäßes Hybridangebot zu machen, wie das an anderen Hochschulen in NRW längst passiert. Beispiele hierfür sind der Lehrbetrieb an der FH Münster² oder die Vorlesungen an der TU Dortmund. Die Raumauslastung sollte der Pandemiesituation angemessen gestaltet werden. Die Universität zu Köln besetzt ihre Räume beispielsweise nur zu 60%. Veranstaltungen, an denen aktuell mehr als 50 Personen in Präsenz teilnehmen, sollten mit einem zusätzlichen Angebot an Videoaufzeichnungen und Streaming entlastet werden. Das gilt insbesondere für Vorlesungen, in denen in der Regel kaum Interaktion zwischen Studierenden und Dozierenden stattfindet. Nur so kann langfristig Präsenzlehre in Praktika, Übungen und Seminaren aufrechterhalten werden. Uns ist bewusst, dass es an der Universität Münster bisher nicht zur Bildung von Infektionsclustern gekommen ist. Das könnte sich aber spätestens nach dem Jahreswechsel ändern, wenn Studierende von Familienfeiern in ganz Deutschland und darüber hinaus zurückkehren und die erhöhte Mobilität absehbar zu mehr Infektionsketten führen wird. Wir wünschen uns außerdem die Möglichkeit einer vorweihnachtlichen Kontaktreduktion zum Schutz unserer Familien. Es kann nicht von Studierenden verlangt werden, Kontakte im Privaten zu reduzieren, wenn sie dann zu hunderten Kontakten täglich im universitären Betrieb gezwungen werden.

Bitte helfen Sie uns eine Situation wie im Wintersemester 2020/2021 zu vermeiden. Die vollständige Online-Lehre hat Studierende psychisch stark belastet. Wir haben dazu in März und April eine ausführliche Evaluation der psychosozialen Situation der Studierendenschaft durchgeführt. Die dort erhobenen Zahlen, aber auch viele der Freitextantworten haben uns schockiert.³ Nur durch eine Entlastung der Präsenzlehre mit einem vernünftigen Hybridangebot lässt sich gleichzeitig der Druck auf Risikogruppen verringern und ein plötzlicher Wechsel auf reine Online-Lehre im Frühjahr, kurz vor der Prüfungsphase, vermeiden. Bitte ermöglichen Sie es der Studierendenschaft den Appellen aus der Politik, aber auch von Ihren Kolleg*innen aus der Forschung nachzukommen. Bei vielen Studierenden stehen Existenzen und Leben auf dem Spiel.

Mit freundlichen Grüßen

Madita Fester (AStA-Vorsitzende) und Jacob Hassel (stellv. AStA-Vorsitzender),

Lars Engelmann (AStA-Referent für behinderte und chronisch kranke Studierende)

i.A. des allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Münster

 

[1] Darauf lässt die Steigerung der Infektionszahlen in Südafrika von ca. 100 gemeldeten Neuinfektionen pro Tag zu Beginn des Monats auf aktuell etwa 1200 Neuinfektionen pro Tag schließen. Es scheint auch vermehrt zu Infektionen zwischen Personen mit vollem Impfschutz zu kommen. Die Variante wurde bereits in NRW nachgewiesen. Quellen: https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/suedafrika-neue-corona-variante-103.html, https://www1.wdr.de/nachrichten/erster-omikron-fall-in-nrw-bestaetigt-100.html

[2] Seit dem 1. Dezember gilt an der FH Münster ein neues Lehrkonzept, nach dem alle Veranstaltungen, bei denen das möglich ist, online oder in hybrid durchgeführt werden.

[3] Die vollständige Auswertung der Erhebung finden Sie hier: https://www.asta.ms/aktuelles-layout?id=130