Ein Green Office an der Universität Münster - Realität oder Utopie? Diese Frage stellten sich die Gäste der Podiumsdiskussion, Doris Fuchs (Sprecherin des Zentrums für interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung), Sara Movahedian (Mitglied der Green Office Initiative und AStA-Vorsitzende), Matthias Schwarte (Kanzler der Uni Münster), Michael Quante (Prorektor für Internationales und Transfer) und Josef Kaiser (Vorstandsmitglied des netzwerk n) am 4. November 2019 im Schloss der Universität Münster. Organisiert wurde die offene Diskussion im Fishbowl-Format von der Green Office Initiative der Universität Münster, die sich seit dem Wintersemester 2018 für ein Nachhaltigkeitsbüro für die Universität einsetzt. Unterstützt und moderiert wurde die Veranstaltung von Michael Flohr, ebenfalls vom netzwerk n

Mit knapp 50 Teilnehmenden gemischt aus Lehrenden, Studierenden und Mitarbeitenden ergaben sich mittels Abstimmungs- und Murmelrunden eine rege, statusgruppenübergreifende Diskussion über das Thema Nachhaltigkeit und ihre mögliche Umsetzung und Etablierung an der münsteraner Universität. 

Nach einer einsteigenden Abstimmung über das Verständnis von Nachhaltigkeit als Begriff, bei der sich bereits ein paar Unstimmigkeiten ergaben, und einem kurzen Eingangsstatement der Podiumsgäste, wurden alle Teilnehmenden mit der Frage „Wie schätzen Sie den Stand der nachhaltigen Entwicklung an der Uni ein?“ ganz direkt zur derzeitigen Situation an der Universität befragt – das Ergebnis war bezeichnend: nur gelbe und rote Karten waren zu sehen – auch auf dem Podium.
Die Meinung, dass an der Uni Handlungsbedarf besteht, entwickelte sich im Laufe der Diskussion so zum Konsens.

Ein Schwerpunkt des Abends wurde auf die Nachhaltigkeit des Betriebes der Uni gelegt. 
Als Vertreterin der Green Office Initiative und des AStAs machte Sara Movahedian von Anfang an klar, dass es der Universität an Struktur im Thema Nachhaltigkeit fehle. Es gebe weder eine Leitlinie noch eine Nachhaltigkeitsstrategie, die die gesamte Uni umfasse. Zwar sei das ZIN für Forschung und Lehre zuständig und leiste damit einen wichtigen Beitrag, doch es brauche eine Gesamtkoordination, die gerade auch den Bereich Betrieb miteinschließen und als Koordinationsstelle nach innen und außen diene. 


Matthias Schwarte gab zu: „Wenn wir über Nachhaltigkeit reden, mache ich mir große Sorgen als Kanzler dieser Uni“, denn es müsse in den nächsten Jahren sehr viel passieren. Mit Fokus auf das Thema 'Bauen' wies er auf das GEO-Gebäude hin, welches als „Green Building" errichtet wurde und mehr Energie einsparende Maßnahmen umgesetzt wurden als gewöhnlich. Dieser Standard sei nur aufgrund des Einsatzes unieigener Mittel möglich gewesen. Im großen Stil seien derartige Bauprojekte nicht finanzierbar, obgleich Einsparungen z.B. im Bereich Energie, einbehalten werden dürften, wie sich auf Nachfrage von Michael Flohr herausstellte. Schwarte erklärte weiterhin, dass er sich eine übergeordnete Diskussion über „Hochschulbau im 21. Jahrhundert“ wünsche, beispielsweise auf Landesebene.


Prorektor Prof. Quante blieb bereits am Begriff "Nachhaltigkeit" hängen, der zu undifferenziert sei. Das Thema könne nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei Teil eines großen Netzes vieler sozialer und politischer Herausforderungen. Auch stellte er seine Meinung zur Debatte, dass Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz lediglich Trendthemen seien, was im Publikum sofort auf Widerstand stieß. Zentral sei für die Uni als eine der größten Arbeit gebenden Institutionen in Münster beispielsweise das Thema Wohnraum, ergänzte Quante.


Professorin Fuchs machte deutlich, dass soziale und ökologische Themen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Auch unterstützte sie die Ansicht, dass die Universität sich mit ihrem ökologischen Fußabdruck auseinandersetzen müsse und kündigte an, ein Gespräch darüber an der Uni in Gang zu setzen, unter anderem über die erwartete Reisetätigkeit von Professor*innen, häufig in Form von Flugreisen.


Josef Kaiser brachte viel Wissen und Beispiele aus anderen Ecken Deutschlands mit, wie das Studium Oecologicum an der Uni Tübingen, in dessen Rahmen es Module rund zum Thema Nachhaltigkeit gibt, für die unabhängig vom Studiengang ECTS-Punkte erworben werden können. Auch wies er auf die Relevanz von lokalen Bündnissen hin, um dann in einem späteren Schritt Veränderungen auf Landes- und Bundesebene bewirken zu können.

Es stellte sich im Laufe des Abends heraus, dass es durchaus Potential und viel Energie an der Uni Münster gibt und zwar nicht nur aus der Studierendenschaft heraus, sondern ebenfalls bei den Mitarbeitenden. 
Diese schlossen sich in klaren Worten der Forderung nach einem Nachhaltigkeitsbüro an, betonten die Wichtigkeit einer zentralen Anlaufstelle zum Thema Nachhaltigkeit im Betrieb und sagten zudem ihre Unterstützung für den weiteren Umsetzungsprozess zu.

Wie genau sich dieser Prozess gestalten und in welcher Form und Struktur sich Nachhaltigkeit an der Uni Münster institutionalisieren wird, blieb jedoch offen, denn das „Green Office“-Konzept als solches wurde von den Diskutant*innen in einigen Punkten in Frage gestellt.

An erster Stelle steht nun für uns als Initiative, den Kontakt zum Kanzler und Rektorat beizubehalten und den Diskurs fördern, um an der Konkretisierung des Konzepts beteiligt zu werden und sie voranzubringen. Hierbei sollen alle Statusgruppen der Uni sowie das ZIN involviert werden.

 

Hier kann das Konzeptpapier mit Unterstützungserklärung vom Green Office heruntergeladen werden.